Nach der Recherche von Correctiv zu den Deportationsphantasien der AfD und anderer Rechtsextremer, die sich in einem verschwörerischen Kreis in Potsdam getroffen hatten, wird deutschlandweit demonstriert gegen die rechtsextreme AfD und für Demokratie. So auch hier in der Gemeinde Hude im Landkreis Oldenburg.
Es gab mehrere Redebeiträge, unter anderem vom Bürgermeister, Omas gegen Rechts, SPD, GRÜNEN, Kirchenvertretung, jüdische Gemeinde und auch einen Beitrag von mir als Ratsherr hier im Gemeinderat Hude für Die Linke.
Danke auch an die Organisatoren und die Initiative aus der Zivilbevölkerung heraus!
Es war leicht, ein Demokrat zu sein in Friedenszeiten, in Zeiten des Wohlstandes und der Sicherheit. Doch Demokratie ist nicht selbstverständlich!
Heute am 27. Januar, dem Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus und der Befreiung des Lagers Auschwitz, mahnt uns unsere Geschichte, daß wir Verantwortung dafür tragen, daß so etwas nie wieder geschehen darf!
Eine wehrhafte Demokratie muß alle rechtlichen Mittel einsetzen, um sich vor Feinden im Inneren zu schützen. Die Diskussionen darüber, daß man die AfD politisch stellen müsse von wegen man könne sie „entzaubern“, erinnern mich an von Papen, der einst gesagt hat: „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, daß er quietscht!“ Der Rest ist – wie heißt es so schön – Geschichte. Ein „Vogelschiß“ mit über 18 Millionen Toten, darunter über 6 Millionen ermordeter Jüd*innen.
Eine rechtsextreme Partei wie die AfD kann man nicht im demokratischen Diskurs bekämpfen, weil sie nicht demokratisch kämpft.
Wenn Menschen die Rechtsextremen wählen, geht es nicht um inhaltlich kritische Auseinandersetzung, sondern nur um ein dagegen, gegen das System, gegen die Demokratie, gegen Mitmenschen. Gelingt den Nazis der Marsch durch die Institutionen, dann haben sie gewonnen. Gelingt Ihnen die Verschiebung des Diskurses und alle gehen in einen rechten Überbietungswettkampf bei Themen wie Migration und Identitätspolitik, dann haben sie gewonnen.
Das Instrument der Demagogen ist die Angst. Sie mobilisieren Menschen durch die Angst vor dem Fremden, vor Veränderung, vor dem Unbekannten und Neuen, ob es die Globalisierung ist, die Digitalisierung, Klimawandel, Migration, ein anderer Glaube, eine andere Kultur oder Lebenseinstellung als solches.
Homosexuelle erfahren Gewalt und Ausgrenzung. Haß auf Aktivist*innen wie die sogenannten „Klimakleber“, die Letzte Generation, dabei wollen sie nichts weiter, als daß man den Klimawandel ernst nimmt. In Brand gesteckte Flüchtlingsheime. Mißtrauen in die öffentlichen Medien und Isolierung in der eigenen Filterblase, während man im Internet Gift und Galle spuckt. Menschen, die wegen ihrer sexuellen Identität oder ihres Glaubens angegriffen werden. Angriffe auf Menschen mit Behinderung. Gewaltphantasien gegen Mitmenschen, nur weil sie anders sind. Sogar Schnitzel vs. Vegan und Verbrenner vs. E-Auto verursachen Streit. Nicht zu vergessen der Mord an Walter Lübcke, CDU-Politiker in Hessen, oder das Eindringen von Rechtsextremen in den Bundestag, direkte Angriffe gegen die Institutionen unserer Demokratie selbst.
Aber zunehmend ist es auch eine Angst, die uns alle lähmt aus Sorge um unsere eigene Sicherheit. Ob es mein Großvater war, der bei dem Wenigen, was er aus der NS-Zeit berichten wollte, geäußert hat, daß die SA in den Wahllokalen stand und den Menschen auf die Finger schaute. Oder ob es ein Linker war, der mir geschildert hat, daß man heute in Teilen Ostdeutschlands schon schauen müsse, wo man mit welchem Lieferdienst bestellt aus Angst davor, daß Rechtsextreme herausfinden, wo man wohnt. Oder die Angst meiner Frau vor gewaltbereiten Nazis, weil ich klare Kante zeige.
Auf einer Demo gegen die AfD letzten Samstag hat Kreszentia Flauger, die für die Linke im Stadtrat Wildeshausen sitzt, Erich Kästner zitiert: „Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muß den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie alles unter sich begraben hat.“
Wenn Angst aus dem Gefühl von Ohnmacht und Unsicherheit entsteht, müssen wir uns fragen, wie wir diese Angst bannen können. Sind es autoritäre Maßnahmen wie mehr Polizei, Aufrüstung, mehr Kontrolle und Überwachung, härtere Strafen, Kameras, Vorbeugehaft etc.? Oder sind es aus linker Sicht eher die liberalen Maßnahmen wie die Stärkung der Versorgungssicherheit, bessere gesellschaftliche Teilhabe für alle, faire Löhne, würdevolle Sozialleistungen, Bekämpfung von Armut, besserer Schutz vor den Klimafolgen und mehr, um der Angst den Nährboden zu entziehen!
Da ich hier heute als Ratsherr der Linken spreche, möchte ich betonen, daß alle inhaltlichen Differenzen, die uns politisch im Rat trennen, hinten anstehen werden, wenn es um die Frage des Schutzes unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung geht. Und ich sehe alle demokratischen Parteien in der Pflicht, auf allen Ebenen klare Kante zu zeigen! Ob es die Stärkung des sozialen Engagements und der Vereinsarbeit ist, ob wir es schaffen, Politik greifbarer zu machen, z.B. durch Aufzeichnung von Ratssitzungen und mehr Bürgerbeteiligung, oder ob wir wie heute gemeinsam ein Zeichen für unsere Demokratie setzen und uns zukünftig selbst nicht in Scheindebatten verlieren, die am Ende die Rechten stärken.
Gerade sprach ich noch von der Angst, der wir was entgegensetzen müssen. Von einem Miteinander trotz aller Differenzen.
Wir alle hier zeigen heute, daß uns mehr eint als trennt, daß wir wehrhaft sind. Danke für eure Hoffnung! Danke für euren Mut und euer Mitgefühl! Danke, daß ihr heute hier seid!