Zum Planfeststellungsverfahren für den Neubau der A20
(6. Bauabschnitt B495 Bremervörde – L114 Elm) konnten Bürger*innen ihre Einwände einbringen.
Da neben der Weservertiefung auch dieses Infrastruktur-Großvorhaben ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert ist und in der Folge mit massiven Kosten für Mensch, Umwelt und Klima verbunden wäre, habe ich selbst ebenfalls meine Einwände vorgebracht.
Die Planung ist Jahrzehnte alt. Mehr Straßen bedeuten mehr Autos (siehe Downs-Thomson-Paradoxon). Im Laufe der Zeit hat sich das Projekt jedoch selbst überholt, es wird auch ökonomisch keinen Mehrwert bringen, im Gegenteil: Deutschland, insbesondere Niedersachsen, wird so viel mehr zum Transitland statt den Ziel- und Quellverkehr in den Fokus zu nehmen.
Überdies werden die Regionen so nicht besser angeschlossen, sondern noch mehr abgehängt, wortwörtlich umgangen.
Die Planungen gehen auch zurück auf Konzepte wie Just in Time Delivery, also fahrende Lager an LKW-Kolonnen, doch gerade auch hier zeichnet sich ein enormer Fachkräftemangel ab, so daß wir Logistik ganz neu denken müssen, zum Beispiel Stärkung der Nord-Süd-Achse mit dem Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven und dem Schienenverkehr.
Fachkräftemangel im Fernverkehr
Wir sprechen hier vom Bauabschnitt Bremervörde – Elm. Spannend ist überhaupt der gesamte Trassenverlauf in Niedersachsen. Der Klimawandel hat zur Folge, daß die Agrarflächen auch in Deutschland rar werden binnen der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Infrastrukturprojekte zerstören hier den Gunststandort für die Landwirtschaft. So wie auch bisherige Weservertiefungen allein durch zunehmende Versalzung zahlreiche Flächen unbrauchbar machen und trotzdem an einer weiteren Vertiefung festgehalten wird bisher, weil man sich niedrigere Logistikkosten verspricht (J. Müller u.a.), würde die A20 durch Bau und Kompensationsmaßnahmen viel Fläche ihrerseits fressen.
Nicht nur ist das eine Last, die zukünftige Generationen mit Blick auf das Klimaschutzgesetz nicht mehr schultern können, sondern unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit müssen die Prioritäten im Zuge des Klimawandels überdacht werden.
Wir verlieren hier ja nicht nur Flächen durch die Straße selbst, sondern auch durch die dafür benötigten Ausgleichsflächen, die bestenfalls dann nur noch extensiv bewirtschaftet werden dürften.
Der Erstentwurf wurde vom BGH kassiert. Vor diesem Hintergrund müssen sich zukünftige Bauabschnitte klar am Klimaschutzgesetz orientieren, ich verweise auch auf das Klimaziel 2045.
Siehe außerdem das Niedersächsische Klimagesetz sowie das Programm Niedersächsische Moorlandschaften. Ebenso wurde 2021 entsprechend beschlossen, die Moore zu schützen in einer Bund-Länder-Zielvereinbarung. Und Schutz ist was anderes als Kompensation.
Pressemitteilung der Bundesregierung zum Moorbodenschutz
Sie können bei der oben zu sehenden Karte von Quarks erkennen, wo welche Ereignisse in Zukunft zunehmen werden. Mittlerweile ist man beim Küstenschutz auch schon weiter, es braucht nicht nur harten Küstenschutz, sondern auch weichen Küstenschutz (vgl. Niederlande); man muß dem Wasser Raum geben, es braucht Überlauf-/Retentionsflächen im großen Stil, insbesondere in Küsten- und Flußnähe. Hier sehe ich große Risiko- und Potentialflächen, die durch die geplante Küstenautobahn betroffen sind. Wir werden Gebiete aufgeben müssen in nicht allzu ferner Zukunft (was auch die Sinnhaftigkeit der Straße jetzt schon infrage stellt, wenn sie so nicht mehr nutzbar wäre).
Ich verweise an dieser Stelle auf die EG-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie, da wir hier in kritische Regionen kommen.
Themenblatt Klimaschutz
Siehe auch Auswertungen wie hier:
Überflutungskarte
Fehlende Angemessenheit mit Blick auf das abwägungsrelevante Material. Im Bauwesen ist ein enormer Preiswucher zu beobachten, der mit den eigentlichen Preisen nichts mehr zu tun hat, sondern angestachelt wurde durch politische Instrumente wie Senkung des Leitzinses seinerzeit, Baukindergeld, KfW-Förderung u.v.m. Dieser Bauboom hat jedoch auch dazu geführt, daß selbst Asphalt deutlich teurer geworden ist. Sollte sich herausstellen im Zuge von Lärmgutachten, daß dann Flüsterasphalt benötigt wird, wäre es noch mal eine Nummer teurer.
Entwicklung Preissteigerung
Auch die Kosten für Kompensationsflächen sind deutlich gestiegen. Weideland für 4 € ist nicht mehr selbstverständlich. Hinzu kommt, daß zu klären ist, ob ausreichend Kompensationsflächen geschaffen wurden bei bestehenden Projekten, hier herrscht eine hohe Unklarheit, da das Thema wenig transparent ist für die Zivilgesellschaft. Hinzu kommt, daß Moor- und Torfflächen nicht ökologisch gleichwertig kompensiert werden können, sondern nur formal über eine willkürlich festgelegte Punkteskala. Wobei hier die Frage im Raum steht, ob das am Ende genügend ist.
Die Fragen von Wirtschaftlichkeit und Kompensationsmaßnahmen sind Abwägungsmaterial, welches zwingend zu berücksichtigen ist mit Blick auf die Angemessenheit.
Vergessen bzw. unterschätzt bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde der Posten für Klimafolgenanpassung. Da die Auswirkungen des Klimawandels schon heute drastische Kosten mit sich bringen, was seinerzeit noch Zukunftsmusik war. Ebenso die Instandhaltung, gerade in diesem kritischen Gebiet mit Blick auf den Untergrund, Überschwemmungsgefahr etc.