Essen geht uns alle an. Und wer den Klimawandel in Frage stellt, sollte man unsere Bäuerinnen und Bauern fragen, wie das mit Dürren, Bewässerung, Schädlingsdruck oder den Erträgen sich in jüngster Zeit entwickelt hat.
Doch die wirtschaftsliberale konservative Politik hat ein anderes Ziel. Im Glauben, daß Großbetriebe günstiger wirtschaften können (billiges Essen für niedrige Löhne), wird immer stärker der so genannte Strukturwandel forciert. Aus kleinen, selbständig geführten Betrieben wird Agrarindustrie in Händen von Fremdinvestoren. EU-Ausgleichszahlungen gehen vor allem nach Größe. Bürokratie überfordert die Kleinen, wo die Großen eigene Abteilungen dafür haben, einen besseren Selektionsfaktor gibt es kaum.
Nur noch gut 1% der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Politisch haben sie selbst für konservative Parteien zunehmend an Bedeutung verloren. Auch manche Vertreter*innen der Landwirtschaft fallen dieser in den Rücken.
Klaus Kliem, ehemaliger Präsident des Bauerverbandes in Thüringen, verkauft an ALDI-Erben:
https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/ex-bauernpraesident-kliem-verkauft-erneut-grossbetrieb-aldi-stiftung-571634
Joachim Rukwied, der Präsdident des Bauernverbandes, zum Höfesterben, hier ein Auszug:
Rund 5.000 bäuerliche Betriebe schließen pro Jahr in Deutschland (1,5 bis 1,7 %) und die Tendenz zu größeren Höfen steigt weiter. Trotzdem will DBV-Präsident Joachim Rukwied nicht von einem Höfesterben sprechen. Die Entwicklung sei „durchaus verträglich“ und entspreche dem natürlichen „Strukturwandel“, sagt Rukwied der Wochenzeitung DIE ZEIT.
https://www.topagrar.com/panorama/news/rukwied-teil-der-bauernkinder-sieht-keine-zukunft-in-landwirtschaft-11532209.html
Es ist nur ein Bruchteil dessen, was die LINKE im Bundestag bereits eingebracht hat. Doch wir waren nicht untätig, unseren ländlichen Raum bewahren zu wollen.
April 2019: Gemeinsame Agrarpolitik (EU)
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/093/1909344.pdf
Zitat:
… Politik muss deshalb zwingend für Rahmenbedingungen sorgen, damit notwendiges Handeln nicht zum existenziellen Risiko für diese Betriebe wird. Die Landwirtschaft muss zum Verbündeten werden. Um die Artenvielfalt insgesamt und die Insektenvielfalt insbesondere zu erhalten und zu bewahren, braucht es eine Ökologisierung der Landwirtschaft und eine Sicherung der Lebensräume. Eine starke, in die Gesellschaft eingebundene und gemeinwohlorientierte Landwirtschaft braucht aber auch regionale Produktions-, Verarbeitungs- und Vermarktungsketten. Erzeugerinnen- und Erzeugerpreise müssen auch dann kostendeckend sein, wenn nachhaltig produziert wird. Ein strukturelles Umdenken in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hin zu einer sozial-ökologischen Landwirtschaft, die nachhaltig produziert und mit guten beruflichen Rahmenbedingungen den Ländlichen Raum stärkt, wird dringend benötigt. …
Abgelehnt von CDU/CSU, SPD, FDP, AfD, Zustimmung GRÜNE:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/136/1913656.pdf
Bereits 2012: Gemeinsame Agrarpolitik sozial und ökologisch ausrichten auch mit Blick auf den Klimawandel
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/083/1708378.pdf
Abgelehnt von CDU/CSU, FDP, SPD, GRÜNEN:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/089/1708913.pdf
Gegen Bodenspekulation
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/018/1901853.pdf
Abgelehnt von CDU, CSU, SPD, FDP, AfD:
https://www.agrarheute.com/politik/koalition-lehnt-linken-antrag-bodenmarkt-transparenz-ab-550257
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/065/1906516.pdf
Steuerfreie Risikoausgleichsrücklage
2012:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/100/1710099.pdf
Und das war die ablehnende Reaktion ALLER anderen Parteien im Bundestag damals inkl. Grüne und FDP:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/113/1711381.pdf
2014:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/034/1803415.pdf
auch abgelehnt u.a. von Grünen:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/047/1804729.pdf
2018:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/012/1901298.pdf
Überwiesen gegen den Wunsch der LINKEN in den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß, Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft nur sekundär
Der FDP ist es dann 2018 auch eingefallen:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/042/1904218.pdf
Wurde aber abgesetzt von der Tagesordnung, weil es zeitgleich zur Eröffnung der Internationalen Grünen Woche angesetzt wurde (Zufälle gibt’s … stattdessen wollte die FDP dann lieber über Tierwohl sprechen als nächstes):
https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/gute-chancen-fuer-steuerfreie-ruecklagen-550950
Und daß Handlungsbedarf besteht, sieht man an den Praktiken von Verarbeitern und Handel.
„Wenn man nicht mehr weiter weiß, bildet man ’nen Arbeitskreis.“ Verfolgt man die Agrarpolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte, muß man sich fragen, warum all die Proteste, Erkenntnisse und Lösungskonzepte nicht mal auch in konstruktive Bahnen gelenkt werden. Wartet man darauf, daß die „Wissenschaft“ oder besser „Studien“ von Pflanzenschutzmittel- und Saatgutkonzernen schon irgendwie das weiter so rechtfertigen werden?
Gefühlt würde ich sagen, man hetzt die eine Seite gegen die andere, Bäuerinnen und Bauern gegen Verbraucher*innen und NGOs, so daß eine nachhaltige, faire Landwirtschaft keine Lobby hat. Freie Fahrt für Strukturwandel (Höfesterben), Agrarindustrie und manchen Bauernfängern aus der Politik, die in der wütenden Bauernschaft ihr konservatives Wählerpotential vermuten.
Dazu eine Anmerkung: Wenn man von mehr Respekt für die Landwirtschaft spricht, muß man das nicht Bäuerinnen und Bauern sagen (Fishing for Compliments), sondern denen, die diesen Respekt bislang schuldig geblieben sind, vor allem der Regierung, Verarbeitern und dem Lebensmitteleinzelhandel!
Verfolgt man die Agrarpolitik und Entwicklung in der Landwirtschaft, erlebt man oft auch, wie es heißt: Umwelt- und Klimaschutz ODER Landwirtschaft?! Doch nur die Landwirtschaft kann mit Böden als CO2-Senke sogar einen deutlich positiven Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Eine wichtigere Frage als die der Ernähung und Wasserversorgung gibt es nicht, wenn man mal von der Luft zum Atmen absieht.
Und es gibt viele gute Themen, die man anpacken könnte: Solidarische Landwirtschaft, Agroforsten, Böden als CO2-Senke, Aquaponik und Hydroponik, Urban Farming, Vertical Farming, Konzepte wie ESUS in Frankreich (siehe Landwirtschaftsunternehmen Terre de Liens), Exit-Programm der Niederlande für Schweinehalter, Ablehnung von Freihandel wie Mercosur und TTIP zu Lasten unserer Landwirtschaft, Fernhalten von Bodenspekulanten, Erbpachtmodelle der öffentlichen Hand für faire Pachtpreise zu ökologisch nachhaltigen Bedingungen, Wegwerfverbot von Lebensmitteln für Supermärkte (siehe Frankreich), kein Verkauf unter Einstandspreis, Förderung kleiner Betriebe zur Umstellung, geförderte Angebotsreduzierung hin zu fairen Preisen, Einstiegsprogramme zur Hofnachfolge u.v.m.
Denn aktuell haben die Falschen das Sagen, wie die Agrarpolitik gestaltet sein soll. Groß gewinnt, klein verliert.
Wie das Kinderspiel „Reise nach Jerusalem“ sucht jeder Betrieb noch einen Platz an der Sonne und der Strukturwandel hat wesentlich dazu beigetragen, daß die Höfe oft allein stehen, jeder für sich allein kämpft …
Doch nicht nur im ländlichen Raum braucht es die selbständigen und eigenverantwortlich handelnden Bäuerinnen und Bauern, die neben ihrer Tätigkeit oft auch vor Ort mit anpacken und einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Gemeinschaftsleben beitragen können.