Im Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Digitalisierung am Donnerstag, dem 03. November 2022, wurde auch mein Antrag zur weiteren Digitalisierung der Ratsarbeit öffentlich erörtert. Gestellt wurde der Antrag bereits im Juni von mir als Ratsmitglied für DIE LINKE. Nachdem besagter Antrag verschoben wurde bei der letzten Ratssitzung am 29. September, wurde dieser heute bei 7 Nein-Stimmen (mehrheitlich CDU und SPD), 6 Ja-Stimmen (GRÜNE, FW, FDP, 1 x SPD) und einer Enthaltung (1 x CDU) knapp abgelehnt.
Nachdem in vorherigen Sitzungen die Mehrheit sich regelmäßig gegen öffentliches Livestreaming und Hybrid-Sitzungen ausgesprochen hat aus diversen Gründen, obgleich sich die rechtliche Möglichkeit bereits bietet, habe ich einen neuen Antrag formuliert, der alle (meines Erachtens oft vorgeschobenen) Kritikpunkte berücksichtigt hat. Bei dem Antrag zu mehr Digitalisierung der Ratsarbeit ging es nur um ein niedrigschwelliges Angebot, welches Ratsmitgliedern, die nicht Teil des Ausschusses wären, die Möglichkeit eröffnet hätte, sich als Gast digital zuzuschalten und die Diskussionen einfach zu verfolgen. Angesprochen im Antrag wurde auch eine Verhinderung aus gesundheitlichen Gründen, das Beispiel einer Corona-Isolation fällt einem da ein oder wenn man an mobil beeinträchtigte Ratsmitglieder denkt. Danke an Marlies Pape von der FDP, die auch das Thema Inklusion aufgeworfen hat, Menschen mit Behinderung, die sich politisch betätigen können sollen.
Natürlich will ich am Ende nicht nur öffentliches Livestreaming, sondern auch eine Aufzeichnung von Ratssitzungen. Denn wer kann schon um 16 oder 17 Uhr mal eben vier Stunden zuschauen, wenn eine Sitzung stattfindet? Transparenz und Teilhabe sehen anderes aus. Und Demokratie braucht Teilhabeangebote!
Doch hier im ersten Schritt geht es mir um eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Mandat, so daß das politische Ehrenamt in Zukunft auch für mehr Menschen attraktiv wird. Die gemeinsame Ratsarbeit in den Ausschüssen würde von mehr Teilhabe profitieren.
Ich will ehrlich sein: Ich bin enttäuscht vom Demokratieverständnis einiger Ratsmitglieder! Es scheint manchen schon zu kompliziert zu sein, eine Kamera aufzustellen, ein Mikrofon anzustöpseln und ein Laptop anzuschalten. Es wurden Gründe vorgeschoben wie die Sorge vor Hacker-Angriffen, die die Frage aufwerfen, ob damit nicht kategorische alle öffentlichen Teilhabeangebote abgelehnt würden oder ob die Verwaltung zukünftig mit Schreibmaschine schreiben soll.
Unter den Fürsprecherinnen und -sprechern von GRÜNEN, FDP, Freien Wählern und einem Ratsmitglied der SPD ist mir besonders die ergänzende Aussage von Marlies Pape, Ausschussmitglied für die FDP, aufgefallen. Sie sprach von einem Gastzugang auch als Möglichkeit, die Presse digital einzubeziehen. Das könnte mit wenig Aufwand eine leichtere Berichterstattung und so auch mehr öffentliche Teilhabe gewährleisten.
In sechs Monaten kann ich den Antrag erneut stellen, doch ich begrüße ausdrücklich die klare Aussage des Bürgermeisters zur digitalen Teilhabe.
Haben CDU und SPD Angst vor mehr Digitalisierung und am Ende mehr Öffentlichkeit bei der Ratsarbeit?
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die Diskussionen um digitale Übertragung und Teilhabe werden wir noch häufig führen. Einziger Konsens bisher ist es, daß wenn irgendwann der Sitzungssaal dafür ausgelegt sein sollte, dann könnte man das mit der Digitalisierung der Ratsarbeit in Angriff nehmen.
Doch gerade für Ausschußmitglieder, die sich gesundheitlich bedingt vertreten lassen müssen (zum Beispiel wegen Corona) oder auch für Gast-Zuhörer*innen aus dem Rat, die selbst kein Ausschußmitglied sind, wäre es schon hilfreich, wenn man sozusagen in eine Ecke des Raumes eine Kamera mit dazugehörigem Mikrophon aufstellt, um so die Teilhabe ein Stück weit zu stärken. Selbst aktive Ausschußmitglieder, die keine Vertretung benennen könnten, könnten so zumindest zuschauen im Krankheitsfall.
Begründung
Insbesondere da wir auch Mitglieder aus Wüsting etc. haben und vor dem Hintergrund der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Mandat ist es interessant, wenn auf diese sehr einfache Weise die passive Beteiligung gestärkt würde. Jemand, der krank zu Hause liegt und sich vertreten lassen muß, kann so zumindest zuhören/zuschauen und wäre aktiv im Thema.
Da wir wieder in kleineren Räumen tagen, ist es auch einfach, mit einer statischen Kamera alles weitestgehend zu erfassen mit Blick auf die Leinwand. Der technische Aufwand ist so auch minimal und erfordert nach einmaliger Einrichtungen keine IT-Begleitung.
Freundliche Grüße
gez. Christian Suhr
DIE LINKE