Allzu oft wird auch die Partei Die Linke so hingestellt, als käme Stalin aus dem Grab. Bei Links und Rechts neigen Populist*innen dazu, ihre eigene Definition zu nutzen.
Ich möchte mich hiermit klar bekennen als „demokratischen Sozialisten“. Linke aufgeklärte Politik, die für Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Frieden eintritt, muß einhergehen mit freiheitlich-liberalen und demokratischen Werten. Sonst ist das Linke nichts wert!
Der Streit um die ehemalige LINKE Sahra Wagenknecht mußte zur Trennung führen. Während Sahra Wagenknecht gesellschaftspolitisch autoritäre und wertkonservative Ziele verfolgt, verfolgen wir Linksliberalen soziale und freiheitliche Werte.
An dieser Stelle betone ich, daß ich linksautoritäre Vorstellungen und Ziele ebenso ablehne wie rechtsautoritäre Politik, es reicht nicht, nur darüber zu sprechen, daß die Wirtschaft sozialer wird für die eine Gruppe, während man andere Gruppen zu Feindbildern erklärt!
Als in den Öffentlich-Rechtlichen darüber berichtet wurde, daß die CDU rechts wäre, gab es einen Aufschrei quer durch die sogenannten konservativen Parteien und Medien. Die CDU fürchtete anscheinend um ihren Ruf. Doch bei genauerer Betrachtung ist die CDU rechts.
Um es klarzustellen: „Rechts“ heißt nicht „rechtsextrem“ oder „rechtsradikal“, auch wenn Debatten über die „Konservative Revolution“ und „Leitkultur“ durchaus ein Geschmäckle haben. Doch Rechts und Links sind sehr einfach erklärt:
Es geht bei dieser Einordnung NICHT um gesellschaftliche Werte, sondern ausschließlich um die wirtschaftspolitische Ausrichtung.
Rechts = freie Märkte, Wirtschaftsliberalismus, hierarchische Wirtschaftsstrukturen, im Kern Ungleichheit
Links = gelenkte Wirtschaft bis hin zur Planwirtschaft, flache Hierarchien bis hin zum Kapital/Fabriken in Händen der Arbeitnehmer*innen, alle partizipieren gleichermaßen vom Wohlstand, im Kern Gleichheit/Egalität
Ich bin kein Politikwissenschaftler und kann nur einen ersten groben Einblick darüber geben, warum man welche Partei wo verorten könnte. Doch untenstehend habe ich einiges zusammengestellt, welches in der Frage der politischen Ausrichtung durchaus spannend sein dürfte. Es gibt mehr als nur links und rechts zu betrachten!
Fangen wir mit der Partei an, die nach dem politischen Kompaß ganz rechts auf der ökonomischen Achse steht. Die FDP ist rechts, weil ihre Wirtschaftspolitik den absoluten freien Markt fordert, Klientelpolitik zu Gunsten des Kapitals, regulierende Markteingriffe lehnt sie weitestgehend ab. So wollte die FDP sogar die Ewigkeitsklausel zur Verstaatlichung aus dem Grundgesetz streichen. Doch auch gesellschaftspolitisch geht sie in den letzten Jahrzehnten zunehmend in die autoritäre und wertkonservative Richtung. Stichwort hier sind die sogenannten Lambsdorff-Papiere als Bruch mit dem Sozialliberalen.
Sozialliberale Politiker*innen wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder Gerhart Baum bilden mittlerweile die Ausnahme, man denke auch an Norbert Blüm. Marktradikale haben sich durchgesetzt, ob Wolfgang Kubicki, Christian Lindner u.v.m. Da man bei der eigenen Klientel vor allem eher konservative Menschen wähnt, erlebt man in gesellschaftspolitischen Fragen auch entsprechende Ablehnung von Gendersternchen, Verschärfung beim Thema Einwanderung etc. So finden sich in der FDP auch immer mehr Nationalliberale.
Doch als wirtschaftsliberale Partei steht die FDP weiterhin für Internationalismus, was sich nicht zuletzt an der Befürwortung von Freihandelsabkommen aufzeigen läßt.
Auffällig dabei ist, daß die FDP auf kommunaler Ebene häufig noch wie früher tickt, das Liberale nicht nur auf die Wirtschaft runterbricht, sondern auch soziale Verantwortung übernimmt. Bei der FDP ist der Bruch zwischen Kommunalpolitik zur Landes- und Bundespolitik wohl am stärksten zu sehen.
Die Diskussionen kann man regelmäßig verfolgen. Carsten Linnemann, ehemals Kopf der Mittelstandsunion, pusht den wirtschaftsliberalen und autoritär-konservativen Friedrich Merz. Dem gegenüber wird der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein Daniel Günther schon in eigenen Reihen als „Sozialist“ geschmäht und Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen zeigt, daß das Christlich-Soziale mehr sein muß als ein Etikett. Den grundsätzlichen Kurs jedoch bestimmt zunehmend die Mittelstandsunion. Daß die CDU mal ein linkes Programm hatte, das sogenannte Ahlener Programm, mag nur dem Wahlkampf verschuldet gewesen sein, da kurz nach dem Krieg die Menschen im Sozialismus noch eine gewisse Attraktivität ausgemacht haben, bevor man erkannt hat, was Stalinismus eigentlich bedeutete. Spannend ist die historische Entwicklung: Unter dem gesellschaftspolitisch konservativen Adenauer gab es einen Spitzensteuersatz von über 60% und eine einmalige Vermögensabgabe für Reiche zum Wiederaufbau. Unter Helmut Kohl begann zusammen mit der FDP eine massive Privatisierungswelle (siehe Post). Mittlerweile erlebt man immer häufiger einen Überbietungswettkampf in autoritär-konservativen Themen mit der AfD, was am Ende nur das rechte Original stärkt. Gleichzeitig fordern Stimmen aus der CDU wieder Wehrpflicht und Zivildienst, Rentner*innen sollen bis ultimo arbeiten (können), Sozialhilfe wäre ja viel zu viel, weil man so keine niedrigen Löhne mehr rechtfertigen könne von wegen Lohnabstandsgebot (statt höherer Löhne), während bei Ausländer*innen von Obergrenze schwadroniert wird und man bei GRÜNEN und Umweltaktivist*innen gern mit Feindbildern arbeitet, obwohl der Klimawandel allein schon alle in Verantwortung nimmt. Nicht zu Unrecht muß die CDU sich gefallen lassen, ob sie das C im Namen noch verdient hat. Im Gegensatz zur FDP finden sich ähnliche Vorstellungen auf allen Ebenen, von der Kommunalpolitik bis zum Bundestag. Eine Hypothese dabei kann sein, daß gerade die zwei gewohnten größeren Parteien wie die CDU den größten Einfluß haben, und wer privatwirtschaftliche Interessen verfolgt, sah sich gut darin beraten, diesen bei den großen Parteien zu suchen, prägte aber damit auch den Kurs dieser Partei.
Zur CSU muß man nicht viel sagen: Haben die GRÜNEN bessere Zustimmungswerte, knuddelt Markus Söder einen Baum, haben die Rechten Aufwind, wird über härtere Maßnahmen gegen Migrant*innen gesprochen und Kreuze werden in Amtsstuben aufgehängt. Während gefühlt jeder CSU-Verkehrsminister nur dafür da war, möglichst viele Mittel des Ministeriums nach Bayern umzuleiten.
Das Makabere: Während die GRÜNEN voran bei dem leisesten Verdacht auf Korruption ein halbes Jahr durch die Presse getrieben werden, sind Maskendeals und Co. in der öffentlichen Wahrnehmung gefühlt schon Standard.
Aufgrund der inhaltlichen Nähe zur AfD bezweifle ich ernsthaft, ob es da wirklich eine „Brandmauer“ nach Rechtsaußen gibt.
Man sollte meinen, auf einem endlichen Planeten wäre ewiges Wachstum unmöglich. Doch auch die GRÜNEN bedienen dieses wirtschaftsliberale Mantra, selbst wenn sie es als grünes Wachstum bezeichnen wie den Ausbau der Erneuerbaren oder der E-Mobilität. Mit Wurzeln in der Friedensbewegung haben die GRÜNEN gesellschaftspolitisch eine 180-Grad-Wendung hingelegt und ein vermeintlich linksgrüner Anton Hofreiter schwadroniert von verschiedenen Waffensystemen, während Robert Habeck sich gern in Uniform ablichten läßt. Eine einflußreiche Lobby innerhalb der GRÜNEN macht sich stark für Agro-Gentechnik ganz im Sinne des Glaubens an die Produktivitätssteigerung und gesellschaftlich trägt man zunehmende Verschärfung gegen Migrant*innen mit. Die Wandlung mag darin begründet liegen, daß viele GRÜNE selbst auch zu den eher Wohlhabenden zählen, man diese einerseits nicht verprellen möchte, andererseits selbige auch den Kurs bestimmen. Ich erinnere daran, daß sie Agenda 2010 mitgetragen haben.
Der Bruch hier ist noch zu sehen zwischen der Jugendbewegung und dem Parteivorderen. Und am Ende wird die Frage stehen: Kann Wirtschaftsliberalismus mit wertkonservativen Vorstellungen wirklich die Welt zum Besseren verändern? Die GRÜNEN sind womöglich die philosophischste Partei, nicht nur wegen ihres Wirtschaftsministers Robert Habeck, sondern auch in der Frage der Deutung, was Grün eigentlich sein soll.
Auch die GRÜNEN sehen sich als internationalistische Partei; mit deutlicher Fokussierung auf die USA.
Kommunalpolitisch kann man selten das ganz große Rad drehen, da geht es dann häufig um Fahrräder, Dachbegrünung und Erneuerbare Energien beim Wohnungsbau. Nichts, was am eigentlichen Wirtschaftssystem was verändern würde, jedoch für die propagierte Nachhaltigkeit steht. Man könnte sagen: Weiter so, aber nachhaltig.
Doch noch mag die Frage offen sein, wohin die eigene Reise schlußendlich gehen soll. Mut zum Bruch mit dem System oder die Hoffnung auf (kleine) Korrekturen im System?
Nach dem Krieg hieß es von der SPD, es bräuchte billiges Essen für all die Arbeiter*innen. Man hätte auch über höhere Löhne sprechen können, doch so kam es zu Ausgleichszahlungen für die Landwirtschaft etc. Als LINKE kennen wir die Geschichte der Freischärler, die auf Demonstrierende geschossen haben, was auch klar das Autoritäre aufzeigt. Während man im Programm noch den demokratischen Sozialismus stehen hat, verbrennt man sich bei der Forderung nach Vermögenssteuer die Finger an der Wahlurne und setzt sich auf Regierungsbank lieber ein für Agenda 2010, Hartz IV, billiges Gas aus Rußland und Automobilbranche. Schaut man nach Hamburg und Bremen, fällt die sehr entspannte Haltung gegenüber Immobilien-Spekulanten auf.
Wie bei der CDU sind es auch hier verschiedene Flügel, die um Einfluß ringen. Zuletzt mit deutlichem Zugewinn der sogenannte Seeheimer Kreis, das Pendant zur Mittelstandsunion der CDU. Naja, der linke Flügel ging in erheblichen Teilen seinerzeit zur LINKEN …
Nicht vergessen sein sollten auch Aussagen wie die von Herrn Müntefering, wenn er äußert, daß wer nicht arbeitet, auch nichts essen solle.
Wie bei den GRÜNEN ist auch bei der SPD die Jugendbewegung ein Lichtblick. Wobei man hier den Eindruck hat, daß die Sprecher*innen so lange links sind, bis es in den Bundesvorstand geht.
Auch wenn die SPD selbst ebenfalls internationalistisch handelt, fällt ebenfalls ein restriktiver Kurs in Fragen von Flucht und Migration auf oder auch in Fragen von der Verschärfung von Polizeibefugnissen.
Nicht selten hat man den Eindruck, daß die SPD links antäuscht, um rechts zu überholen. Und sie verkauft das Einkürzen von Arbeitsrecht und Sozialstaat als notwendiges Übel oder sogar Erfolg.
Unter anderem von ehemaligen CDUler gegründet, ist die Entwicklung schnell erklärt. Erst war es unter Herrn Lucke eine Anti-Euro-Partei. Und aus einer eher anti-internationalen Haltung entwickelte sich mit Blick auf die Erwartungen und Vorstellungen der Mitglieder, die man angezogen hat, zunehmend ein völkischer Flügel, der jetzt die Partei dominiert, nachdem der wirtschaftsliberale Flügel um Jörg Meuthen den Kürzeren gezogen hat.
Man stellt sich hin als Rächer der Enterbten, dabei ist das Wahlprogramm wirtschaftspolitisch stark vergleichbar zu dem der FDP. Wobei die AfD hier gesellschaftspolitisch deutlich stärker autoritäre Töne anschlägt.
Auf kommunaler Ebene punktet die AfD wie keine andere Partei mit Bundesthemen und Identitätspolitik. Was auch daran liegen mag, daß sie die Sozialen Medien professionell einbindet und sich bequem auf eine Anti-Haltung zurückziehen kann.
Schaut man sich das Programm von 2013 im Vergleich zu 2021 an, sieht man auch bei uns LINKEN einen Rutsch nach Rechts und ins Autoritäre. Doch gerade das mag auch der Grund sein, warum es jetzt zur Spaltung gekommen ist zwischen einem linksliberalen Lager der LINKEN und dem traditionalistisch-linksautoritären Lager um Sahra Wagenknecht, die sich selbst zum Ordo-Liberalismus bekennt, eine Wirtschaftsphilosophie, die rechts zu verorten ist.
Gleichzeitig vertritt sie gesellschaftspolitisch wertkonservative Vorstellungen, macht wie die CDU die GRÜNEN als Hauptfeind aus, lehnt alles Neue und Fremde ab, wobei es sehr nach Gramsci klingt: Das Bestreben nach kultureller Hegemonie, indem man im Trivialen und Traditionellen die Werte vertritt, die die vermeintliche Mehrheit schon hat.
Als Linksliberaler streite ich dafür, daß die LINKE wieder für Aufklärung und Weltoffenheit einsteht und sich nicht schämt, für den demokratischen Sozialismus einzustehen! Damit ist DIE LINKE auch die einzige Partei, die sich noch im Sozialliberalen verorten darf.
Wer linke Politik statt weiter so will, muß DIE LINKE unterstützen!