Weltklimakonferenz, kommunale Klimakonferenz, Umweltministerkonferenz … und immer dasselbe. Da Niedersachsen 2022 den Vorsitz der Umweltministerkonferenz innehat, lohnt sich auch ein Blick darauf, was Klimaschutz in Niedersachsen bedeutet.
Bereits auf der Weltklimakonferenz 2022 wurde deutlich, was alles nicht beschlossen wurde. Zusammengefaßt: Die maßgeblich verantwortlichen Industrie- und Schwellenländer wollen sich vor ihrer Verantwortung drücken. So geht es zunehmend nur noch um die Eindämmung der Folgen des Klimawandels (vor allem für sich selbst). Man will den am stärksten betroffenen Ländern, in der Regel Entwicklungsländer, Hilfe zukommen lassen, aber weder die Summen noch die Beitragszahler sind benannt worden. Unlängst zugesagte Finanzmittel sind bisher nur kleckerweise geflossen, man könnte auch fragen: Ohne Rendite gibt es keinen Klimaschutz?
Es werden Nachbesserungen bei nationalen Strategien gefordert, aber alles wie üblich auf freiwilliger Basis. Das alles ist eher ein Wünsch Dir Was und zukünftige Generationen werden absehbar kaum die Möglichkeiten haben, den Schaden noch zu begrenzen. Ach ja, fossile Energien werden weiterhin genutzt und eine Ausstiegsstrategie dafür fehlt.
Auf kommunaler Ebene ist es noch makaberer. Das scheint ein fortlaufender Appell zu sein, was private Personen zu tun hätten, ein paar Auszeichnungen hier und da für vermeintliche Vorbilder und ein paar Fördermittel, die man nutzen kann, aber nicht muß, wenn die Bürokratie es nicht eh nahezu unmöglich macht.
Alle sprechen über den Klimawandel, doch niemand tut wirklich was. Und diejenigen, die sich aus Protest in Gefahr begeben, einsperren lassen und das fordern, was längst passieren hätte müssen, werden belächelt, beleidigt und als Feindbild hingestellt.
Dass Klimaschutz auf der großen politischen Bühne aktuell sicher etwas vernachlässigt wird, können angesichts des Ukrainekrieges und der Energiekrise viele gerade stark betroffene Menschen sicher noch nachvollziehen. Zumindest muß sich das die Politik gedacht haben. Daß der Klimaschutz allerdings auch vorher schon an zahlreichen Lippenbekenntnissen gescheitert ist, eher nicht. Im Gegenteil, diejenigen, die für Klimaschutz protestieren, werden belächelt, beleidigt und bestraft bis hin zur Gefangennahme für Festkleben auf der Straße.
Gerade in Niedersachsen zeigt sich sehr deutlich, wie der Umwelt- und Klimaschutz ausgehöhlt werden. Ein Wirtschaftsminister wurde zum Umweltminister wurde zum Wirtschaftsminister. „Nachtigall, ick hör Dir trapsen“, so hieße es wohl in Berlin. Wie die Prioritäten da liegen, mag man an der Politik selbst bewerten, wenn LNG-Terminals gefeiert werden und es heißt, daß man ja viel schneller bauen könne, wenn man das Vorsorgeprinzip nicht allzu ernst nimmt. Die neue „Deutschlandgeschwindigkeit“.
Währenddessen werden Projekte aus dem letzten Jahrhundert mit aller Macht vorangetrieben, ob die sogenannte Küstenautobahn oder eine weitere Weservertiefung, als hätte man aus den Erfahrungen bei Ems und Elbe nichts gelernt. Die Auswirkungen dieser Projekte auf Umwelt und Klima sind dramatisch. Nach aktuellen Planungen müssen auch Moore und torfige Landschaften der Küstenautobahn weichen, tausend Jahre alte CO2-Speicher. Dem gegenüber sollen Tausende Tonnen Boden zu meterhohen Fahrspuren aufgetürmt werden, Landschaften, Äcker und Gemeinden werden zerschnitten, Anlieger teils enteignet. Hinzu kommen unter anderem Terminals für LNG (dazu zählt Frackinggas) und Planungen zu Erdgas-Bohrungen in Niedersachsen vor der Insel Borkum.
Das zeigt auch das Beispiel Weservertiefung, die nach derzeitigen Erkenntnissen den Grundwasserspiegel bis in das Oldenburger Münsterland nachweislich und nachhaltig schädigen wird neben all den Folgen entlang der Weser selbst bis hin zu Flora und Fauna. Als wenn die enorm hohe Tierdichte und Einbringung von Nährstoffen sowie die dürrebedingte Wasserentnahme durch Bewässerung von Futter- und Biogaskulturen nicht schon genug Probleme mit sich brächten für Landwirte und Anlieger, die alle paar Jahre neue Brunnen bohren müssen.
Wir erleben eine Landwirtschaft, die im Wachse oder Weiche gegeneinander ausgespielt wird und als Almosen ein paar Ausgleichszahlungen hinterhergeworfen bekommt. Bäuerinnen und Bauern müssen sich ihr Handwerk von Politik und Agrarindustrie erklären lassen, um am Ende von der EU, Bund und Ländern zu hören zu bekommen, daß Globalisierung, Digitalisierung und Gentechnik auf dem Acker es richten sollen; nur hat niemand der Photosynthese erzählt, daß diese auch ohne Wasser zu funktionieren hat. Die Wissenschaft hat ihre Hausaufgaben gemacht, geredet wurde jetzt auch lange genug, die Politik muss endlich ins Handeln kommen!
Klimaschutz wird hier erst verstanden, wenn auf der einen Seite die Häuser unter Wasser stehen und auf der anderen die Dürren uns hungern lassen. Dabei ist planvoller Klimaschutz immer günstiger als die Beseitigung von dessen Folgen. Daß es anderes geht, zeigen viele einzelne Akteure im In- und Ausland. Ganze Dörfer sind in Deutschland energieautark. In Singapur gibt es nur noch Baugenehmigungen inklusive Fassadenbegrünung und in Niedersachsen … werden Torf abgebaut und neue Autobahnen geplant für 1 Milliarde Euro plus Klimafolgekosten. Klimaschutz hat keinerlei Priorität auf keiner politischen Ebene. Es ist ein Trauerspiel für unsere Kinder.
Deutschlands Wohlstand basiert darauf, daß wir lange von der Substanz und auf dem Rücken anderer Länder gelebt haben. Doch das Märchen vom Wohlstand für alle ist längst Geschichte.
„Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, so hätte Goethe wohl die zahlreichen Klima- und Umweltkonferenzen beschrieben.